
Korken – wirklich nachhaltig?
Kork gilt als nachhaltig, natürlich, umweltfreundlich – und wird von vielen Menschen als ideales Verpackungsmaterial angesehen, das problemlos recycelt werden kann. Aber ist es das wirklich?
Die Frage, ob das überhaupt stimmt, möchte ich gern in diesem Video erörtern.
Kork – eine kleine Materialkunde
Kork ist ein natürlicher Rohstoff. Er wird aus der Rinde der Korkeiche gewonnen. Die Rinde wird vom Baum geschält und wächst nach. Schon seit langer Zeit wird Kork als Verschluss und Verpackung genutzt, als Korkstopfen für Weinflaschen oder Vorratsgläser, aber auch als Dämmmaterial oder sogar für Schuhsohlen.
Korken als Verschluss für Gläser und Flaschen
Das Problem von Naturkork als Verschluss ist, dass er Löcher hat und undicht sein kann. Daher hat man sich etwas einfallen lassen: Man hat die Löcher verklebt. Schaut man sich Korkstopfen genauer an, haben sie häufig kleine Einkerbungen. Dabei handelt es sich um kolmatierte Korken, bei denen Kork-Reste oder Kork-Staub mit Harz, Kunstharz oder einem Kleber gebunden und die Löcher verklebt werden. Diese Korken sehen schön aus und sind stabil.
Noch schöner sehen Agglo-Korken aus. Sie haben eine dunklere Struktur und bestehen aus Kork-Resten oder Kork-Kügelchen, die zu einem ganzen Stück verklebt werden. Daraus wird dann der Kork geschnitten – z. B. als schöner Stopfen für Vorratsgläser. Auch Korkplatten, die zur Dämmung oder als Fußboden verwendet werden, bestehen aus Agglo-Kork.
Das Problem der Recyclingfähigkeit
Agglo-Kork und kolmatierte Korken sind wegen ihres Klebers nicht recycelbar. Die Recycelhöfe nehmen sie nicht an. Selbst der NABU (Naturschutzbund Deutschland) kann damit nichts anfangen. Also landen sie in Verbrennungsanlagen.
Das heißt, die einzigen Korken, die recyelfähig sind, sind die Naturkorken mit Löchern. Doch die müssen nach Gebrauch mühsam von den anderen getrennt werden. Der NABU Rheinland-Pfalz hat die Naturkorken aussortiert und sie der Diakonie gegeben, wo sie von Behinderten in Handarbeit zu anderen Werkstoffen wie z. B. teuren Schuhsohlen verarbeitet wurden. Eine tolle Initiative – aber ist das, global gesehen, sinnvoll? Die Korken-Initiative wurde 2022 beendet, weil die Kosten zu hoch waren.
Naturkorken sind teurer als Agglo-Korken. Wenn man Naturkorken z. B. als Ausgießerkorken oder als große Stopfen für Gewürzgläser nutzen möchte, müssen sie von sehr guter Qualität und stabil sein, damit sie halten. Und das ist sehr teuer. Billige Naturkorken sind meist von schlechter Qualität, haben große Löcher und brechen leicht.
Viele meinen immer noch, dass Kork als Verschluss besser sei als PE. Doch das Kork-Recycling funktioniert nicht, während ein guter PE-Stoff zu 100 % recycelt werden kann. Es macht mich wütend, dass immer wieder nach natürlichen und nachhaltigen Lösungen gefragt wird – und zwar gleichermaßen von den Endverbrauchern wie der Industrie – und dabei völlig unreflektiert auf das Thema geschaut wird. Hauptsache, man kann sagen, es ist nachhaltig. Aber keiner fragt danach, was passiert, wenn wir das Produkt benutzt haben, wer z. B. die Korken aussortieren soll, was das kostet und ob das wirklich ökologisch ist. Wenn wir nicht endlich anfangen über echte Kreisläufer nachzudenken, bleibt Nachhaltigkeit nur ein Marketingspruch.
Fragen und Antworten
Zuschauer: Du hast mir persönlich vollkommen aus der Seele gesprochen. Das Thema Nachhaltigkeit wird seit Jahren falsch in die Köpfe der Umweltbewussten gepflanzt. Nachhaltigkeit beinhaltet nicht, bestimmte Produkte zu verbannen und zu verbieten, sondern Dinge zu produzieren, die der Mensch braucht und bei sachgemäßer Handhabung auch dauerhaft oder sehr lange verwenden kann.
Steffi: Danke für Deinen Kommentar. Das freut mich!
Das hatte ich schon lange im Hinterkopf. Wenn im Korkverschluss sowieso Kleber drin ist, dann nehme ich doch lieber einen PP- oder PE-Stopfen, der dann auch wirklich recycelt werden kann. Und vom Material her wahrscheinlich gründlicher auf die Eignung für Lebensmittel getestet wird als der Kleber vom Kork. Korkverschlüsse sehen zwar schön aus, sind aber recht unpraktisch, da schwer zu reinigen. Und ich wenigstens habe nicht immer ganz trockene und saubere Hände, wenn ich einen Behälter in der Küche auf- und zumache.
Vielen Dank!
Endlich mal jemand, der es ausspricht! Wenn man anmerkt, dass Kunststoffe in einigen Anwendungen u. U. nachhaltiger sind, wird man von einigen Leuten ja fast gelyncht.
Wir entscheiden selber, was wir kaufen. Wird etwas nicht gekauft, wird es auch nicht mehr hergestellt.
Bei den Naturkorken aus einem Stück für Weinflaschen gibt es verschiedene Qualitäten. Erstklassige Korken haben keinesfalls so große Löcher, wie von Dir gezeigt, und halten daher auch zuverlässig dicht, zumindest für eine geraume Zeit, die wiederum von der Lagerung abhängig ist. Bloß gibt es von denen halt nicht genug und sie werden auch immer teurer.
Das stimmt natürlich alles, vielen Dank. Der Vorteil bei Naturkorken liegt auf der Hand: Natur eben … Aber genau das macht es für eine industrielle Produktion so schwierig. Damit eine Maschine gut funktioniert, müssen alle Abläufe standardisiert ablaufen. Das geht mit Naturmaterial leider nur recht teuer. Man müsste ein System etablieren, welches die Korken zurücknimmt. Pfand also. Man könnte das dann schreddern und als Dämmstoff nutzen.
Endlich jemand, der öffentlich macht, dass nicht alles, was gut/woke klingt, sinnvoll umsetzbar ist. Hauptsache, man hängt sich ein ‘gesundes Schildchen’ um und freut sich. Zu allem Unglück wollen diese Leute den ‘Mercedes’ geschenkt, oder zum Preis eines Trabis. Ich fühle mit, und mich zerreißt es dabei auch fast.
Danke Dir!
Diese Diskussion hatte ich sogar öfter schon in den 90ern, als der Korkverschluss auf Gewürz-, Kerzengläsern u.s.w., selbst Kork als Teppichersatz, boomte. Man sieht doch schon, dass die Krümel irgendwie zusammenhalten müssen und dass das nicht natürlich sein kann. Diese Ideologieverblendung ärgert mich ebenfalls enorm. Übrigens kann man aus Weinflaschenkorken wunderbare Topf-/Kerzenuntersetzer machen. Nur auf hitzebeständigen Kleber achten. Auch Sitzkissen für kalte/heiße Böden (Stadion, Strand) gehen. Ich habe einen Karton für Verschlusskorken (nicht Flaschen), wo alle gesammelt werden, wenn das Glas dazu entsorgt wurde bzw. kaputtging. Dort dümpeln noch 30 Jahre alte Korkdeckel, die immer noch gut sind. Kork schwimmt. Die Weinflaschenkorken eignen sich hervorragend zum Bewurzeln von Pflanzen im Wasser. Der Wasserstand bleibt damit immer gleich.
Herzlichen Dank für Deine Ideen, wie man Kork wiederverwenden kann. Eine habe ich noch: den mit einem „Kleber-statt-Dübel“ als Anschlag an die Wand kleben, damit Fenster/Türen etwas sanfter an die Wand anstoßen. Oder: in Scheiben geschnitten als Schalldämpfer unter großen Lautsprechern … Ups, jetzt waren es doch zwei Ideen.